Interview: „Die Hockeyschweiz muss zusammenrücken“, VR-Präsident Peter Jakob
25. Februar 2021 – Verwaltungsratspräsident Peter Jakob äussert sich im Interview zur aktuellen Lage sowie den Diskussionen um die Liga-Reform.
Peter Jakob, wie steht es aktuell um die SCL Tigers?
Wirtschaftlich ist die Situation nach wie vor angespannt – auch wenn uns die vielen Rückmeldungen von Sponsoren und Fans Zuversicht geben, werden wir diese Saison aber mit einem dunkelblauen Auge überstehen. Wir erhielten zwischenzeitlich von nahezu allen Sponsoren die schriftliche Zusicherung, dass sie komplett auf Rückforderungen für nicht erbrachte Werbe- oder Hospitality-Leistungen verzichten werden. Bei den Saisonkarten-BesitzerInnen haben sich über 1’400 Fans auf der Plattform www.morn-e-tiger.ch eingetragen und damit ebenfalls ein enorm starkes Ausrufezeichen der Solidarität gesetzt. Sportlich sind wir nach den Verpflichtungen im Bereich Coaching Staff, den diversen Vertragsverlängerungen und mit den Neuzuzügen von Miro Zryd, Janis Elsener, Livio Langenegger sowie Michael Loosli gut auf Kurs, dass wir nächste Saison eine junge und hungrige Mannschaft sehen werden. Es freut mich, dass wir mit diesen Transfers sowie den Anpassungen bei den Young Tigers zeitnah erste Massnahmen für unsere neue Strategie «Vorwärts zu den Wurzeln» umsetzen konnten.
Wie geht es nun weiter in den nächsten Wochen?
Einerseits gilt der Fokus nach wie vor der momentanen Situation und Herausforderungen auf und neben dem Eis zu widmen, andererseits ist es wichtig, weitere wichtige Entscheide hinsichtlich der nächsten Saison zeitnah zu fällen. Wir hoffen, dass der momentane Aufwärtstrend punkto COVID-Impfungen anhält und werden noch im Frühling alle Saisonkarten-BesitzerInnen per Brief anschreiben und informieren, auch bereits punkto Saisonkarten für die Saison 2021/22.
Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Reform?
Die nächste Sitzung findet kommende Woche statt und hierzu haben wir unsere Haltung zu den einzelnen Reglementen Auf-/Abstieg, Financial Fairplay und Agentenwesen eingegeben. Diesbezüglich gab es in den letzten Wochen mehrere Treffen mit Fanvertretern und Sponsoren, die für uns sehr konstruktiv und aufschlussreich waren. Entsprechend nehmen wir bei der Frage Auf-/Abstieg resp. Ein-/Austritt National League AG die folgenden Positionen ein: Wir würden nie eine geschlossene Liga befürworten, hingegen unterstützen wir eine Verengung des Nadelöhrs. Zudem sollen die Pre-Playoffs beibehalten werden. Die Nachwirkungen der Pandemie dürften sportlich wie wirtschaftlich auf die nächsten 5-10 Jahre Auswirkungen haben und deshalb werden wir uns stark machen, dass es in den nächsten zwei bis drei Jahren keinen Absteiger geben wird. Angesichts der gegenwärtigen Risiken, wirtschaftlichen Unsicherheiten und geplanten Investitionen rund um die Areal-Entwicklung mit dem zweiten Eisfeld oder der Ärztepraxis wäre ein Abstieg in naher Zukunft zusätzlich existenzbedrohend. Beim Financial Fairplay haben wir die Bedenken der Fans ebenfalls aufgenommen und beantragt, dass die minimale Lohn-Untergrenze von 5 Millionen Franken noch nicht in den nächsten Jahren angewendet wird. Wir hoffen sehr, dass das Financial Fairplay zu einer besseren Ausgeglichenheit der Liga führen wird.
Wie immer bei Reformen gibt es Befürworter und Gegner, wobei in der öffentlichen Wahrnehmung die kritischen Stimmen Überhand haben. Haben Sie hierfür Verständnis?
Seit dem Ende des «Stillschweige-Abkommens» der Liga haben wir uns um eine offene Kommunikation mit den Spielern, Fans und Sponsoren bemüht. Was selbstverständlich nicht heisst, dass wir immer in allen Punkten einer Meinung waren, aber es war stets ein konstruktiver Dialog, der Verständnis und Vertrauen gefördert hat. Wir nehmen deren Rückmeldungen sehr ernst und sind entsprechend froh, dass sie, nachdem wir ihnen jeweils den Gesamtkontext und die Sichtweise der Tigers erklären konnten, Verständnis für unsere Haltung zeigten. Und hier sind wir beim Kernproblem: Das Reformpaket ist komplex und muss in einem Gesamtkontext betrachtet, aber auch erläutert werden können. Die Kommunikation in der Vergangenheit war liga-übergreifend unkoordiniert und es wurden auf allen Ebenen, bei allen Parteien, Fehler gemacht. Ich vermisste getreu dem «One Voice-Prinzip» eine transparente und proaktive Kommunikation. Mit der neuen Strategie «Vorwärts zu den Wurzeln» wollen wir uns unabhängig von der weiteren Entwicklung der Reform gezielt als ambitionierter Ausbildungsclub positionieren und auch dadurch unsere einzigartige Identität zusätzlich stärken. Ich bin froh, haben wir mit den letzten Transfers wichtige Massnahmen in diese Richtung eingeleitet und hoffe sehr, dass die Hockeyschweiz in den nächsten Monaten wieder näher zusammenrücken wird.